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Gleicher Beruf - zwei Welten - mit dem Landesvorstand in Kenia
Gleicher Beruf - zwei Welten - mit dem Landesvorstand in Kenia
06. 03. 2023
Vor über fünf Jahren starteten die Landfrauen des BBV ihr Engagement in Kenia. Waren wir bis jetzt erfolgreich? Konnten wir die Handlungsfähigkeit und das Selbstbewusstsein der Frauen fördern? Eine Woche lang tauschten sich hierzu Landesbäuerin Christine Singer, ihre beiden Stellvertreterinnen Christine Reitelshöfer und Christiane Ade, die neuen Bezirksbäuerinnen Rita Götz (Oberpfalz), Claudia Erndl (Niederbayern), Beate Opel (Oberfranken), die Direktorin der Landfrauenabteilung Dr. Andrea Fuß und die Projektleiterin Angelika Eberl mit Frauen und Männern über ihre gemachten Erfahrungen aus.
Die "BBV-Landfrauen Internationale Zusammenarbeit“ besteht seit über fünf Jahren. Bisher unterstützte die BBV-LIZ unter dem Motto "Gleicher Beruf - zwei Welten" kenianische Frauen mit speziellen Schulungsangeboten und länderübergreifendem Wissensaustausch zwischen Landfrauen aus Bayern und Kenia in den Bereichen Interessenvertretung, Einkommensgenerierung und Ernährungsbildung.
Unser zweites Projekt läuft nun Ende März aus. Mit diesem Projekt wollten wir dazu beitragen, den
- in der ersten Projektphase gegründeten - Landfrauenverband „WoFaAK“
auf eine stabile Grundlage zu stellen. Denn um die Lebensbedingungen der
kenianischen Landfrauen nachhaltig zu verbessern,
braucht es einen
starken, handlungsfähigen Verband.
Ziel unserer Reise war es, im Austausch mit den Frauen vor Ort über Veränderungen auf ihren Höfen und in ihrer Lebenssituation zu sprechen und zu hören, wie weit der Aufbau des kenianischen Landfrauenverbandes fortgeschritten ist. Dazu besuchten wir Bäuerinnen auf ihren Höfen und nahmen an Sitzungen der Kreisverbände in Westkenia und dem Landesvorstand der WoFaAK in Nairobi teil. Wir sprachen auch mit Vertretern der Deutschen Botschaft, der Andreas-Hermes-Akademie und des Grünen Innovationszentrums über ihre Arbeit im Land.
Wir Landfrauen haben einen glaubwürdigen Zugang zu den Frauen auf dem Land
Beim Treffen mit Daniel Günther, Leiter des Referats für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an der Deutschen Botschaft in der Hauptstadt Nairobi, standen die Herausforderungen in Kenia und die Koordinierung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durch die Deutsche Botschaft im Mittelpunkt. Hauptziele sind die Unterstützung der Wirtschaft im ländlichen Raum, um die Landflucht einzudämmen, sowie die Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft, um die Ernährung zu sichern. Auch hier sind die Auswirkungen des Klimawandel bereits spürbar: In einigen Regionen Kenias sind teilweise fünf Regenzeiten hintereinander ausgefallen. Die Bauern müssen sich umstellen. In diesem Zusammenhang betonte Günther, wie wichtig Projekte mit Akteuren der Zivilgesellschaft – wie mit den bayerischen Landfrauen – seien, damit die Menschen vor Ort Lebensperspektiven erhalten. Er war sehr beeindruckt von unserem Engagement und den Ergebnissen. Wir Landfrauen hätten einen guten und glaubwürdigen Zugang zu den Frauen auf dem Land – die wichtigste Voraussetzung für einen konstruktiven Dialog auf Augenhöhe.
Die Landfrauen vor der Deutschen Botschaft zusammen mit Daniel Günther.
Landfrauen-Trainings zeigen Erfolge
Zwei dieser Frauen besuchten wir in Westkenia. Im County Siaya bewirtschaftet die Witwe Monica Ojee mit drei Arbeitern ihre 3 ha große Farm mit Mais, Erdnüssen, Hirse und Bohnenanbau. Sie hat vier Kühe, die 10-15 l/Tag geben. Die Milch liefert Monica an eine Bauern-Genossenschaft und bekommt dafür 50 Shilling/l (38 Cent). Auf dem freien Markt bekäme sie zwar 70 Shilling/l (54 Cent), müsste jedoch selbst vermarkten, was sich für sie nicht rechnet. Mit dem Milchgeld bezahlt sie ihre Arbeiter und das Kraftfutter für die Kühe. Seitdem sie unsere Agribusiness Trainings besucht hat, mästet sie erfolgreich im Abstand von 4 Wochen jeweils 200 Hühner. Vermarktungsprobleme hat sie keine: Über WhatsApp kontaktiert sie ihre Nachbarn und Kunden.
Auf Monicas Farm: Eine kurze Rast vor der Küche und dem Vorratslager
„Ich habe durch die Trainings der BBV-LIZ vor allem gelernt, regelmäßig Buch zu führen, über die Einnahmen und Ausgaben, über die tägliche Milchmenge, die Trächtigkeit meiner Kühe und so weiter“. Monica engagiert sich als Mitglied im Vorstand der WoFaAK und betreut zwei Selbsthilfegruppen, mit denen sie ihr erlerntes Wissen teilt.
Monica sammelt das Gärsubstrat ihrer kleinen Biogasanlage in einem Becken im Garten. Kurze Wege zum Verteilen des Substrates sparen Zeit und Geld.
Wir sprachen auch die Hofübergabe an. In Kenia ist eine Hofübergabe zu Lebzeiten des Übergebers unüblich. Die Höfe werden vererbt. Durch die übliche Realteilung unter den Erben werden die Höfe immer kleiner und damit unrentabel. Viele Erben bewirtschaften daher das Land nicht mehr selbst, sondern verpachten oder verkaufen es. Aus diesem Grund behalten die Übergeber ihren Hof bis zum Schluss - ein Teufelskreis, der vielen interessierten Hofnachfolgern eine Zukunft in der Landwirtschaft erschwert bzw. verwehrt.
Monica Ojee ist stolz auf ihr Vorratslager mit eigenem Mais, Hirse, Bohnen und Erdnüssen abgepackt in Säcken. Für einen Sack Mais oder Hirse erhält sie 46 Euro, ein Sack Bohnen ist 92 Euro wert und ein Sack Erdnüsse 62 Euro.
In gewisser Weise funktioniert ihr Vorratslager wie eine Bank, wenn sie Geld braucht verkauft sie ein paar Säcke.
Frauen und Familien profitieren
Phassy Mbone ist Vorsitzende der Selbsthilfegruppe „Woplah“, die Aids-/HIV-infizierte Menschen unterstützt. Seit 2018 ist sie Mitglied bei der WoFaAK. Phassy sitzt zudem als Kassiererin im Kreisvorstand der WoFaAK in Kakamega. Besonders die Schulungen über Einkommensgenerierung und verbesserte Ernährung, die von BBV-LIZ finanziert wurden, helfen den Frauen und ihren Familien, bestätigt sie.
Ihre Farm steht auf vielen Beinen - Fischzucht, Bienenhaltung, zwei Milchkühe, Ziegen und Hühner. Demnächst will sie Champignons züchten. Eine große dunkle Lehmhütte hat sie dafür schon bauen lassen. "Bei uns in der Gegend bin ich die Erste, die Champignons anbauen wird. Damit bin ich ganz alleine auf dem Markt - und ich bin sicher, die Nachfrage wird groß sein".
In Zukunft will Phassy ihre Farm biologisch bewirtschaften. Dazu hat sie vor kurzem eine Regenwurmzucht aufgebaut, um Kompost in fruchtbare Erde zu verwandeln.
„So spare ich mir den Kauf des teuren Düngers“.
Phassy ist voller Ideen und versteht es, die Mitglieder ihrer Selbsthilfegruppen zu begeistern und zum Nachmachen zu ermutigen.
Gerade baut sie eine Art Gewächshaus, um traditionelles afrikanisches Blattgemüse anzubauen.
Selbstbewusstsein der Frauen stärken - Veränderung des Rollenbildes
Ein Tag stand ganz im Zeichen einer gemeinsamen Sitzung mit den drei Kreisvorstandschaften von Siaya, Kakamega und Bungoma. Wir wollten hören, wie es bisher mit dem Aufbau des Landfrauenverbandes geklappt hat. Die Frauen waren voll des Lobes über die angebotenen Aktivitäten.
Alice Ombima aus Kakamega erklärt stolz: „Wir haben viel gelernt: Wir können die WoFaAK und uns selbstbewusst repräsentieren. Wir können vor Menschen stehen und reden, ohne in Ohnmacht zu fallen. Wir geben Interviews im Radio und Fernsehen.“
von links: Jacklyne Wabomba (Kassiererin) Landesbäuerin Christine Singer, Winnie Maina (Jugendvertreterin) und Christiane Ade.
Die Jugendvertreterinnen berichteten, dass die jungen Frauen durch die Schulungen sehr gewachsen seien. Ein Systemwechsel in der Gesellschaft sei spürbar – die Beziehung zwischen jungen Männern und Frauen verändere sich. Winnie Maina: "They love the training - they are polished". Dennoch wünscht sie sich weiterhin Trainings nur für junge Leute.
„Jetzt können wir die Schulgebühren für ein ganzes Jahr im Voraus bezahlen und so in die Zukunft unserer Kinder investieren.“, bestätigt Carren Odhiambo aus Siaya. Wir haben es gelernt, Netzwerke aufzubauen und zu nutzen. Alle drei Monate laden sie beispielsweise einen Vertreter der Countyregierung aus den Ressorts Landwirtschaft, Gesundheit, Familie und Jugend) zu ihren Treffen ein.
Vor allem die Trainings zur Vermeidung häuslicher Gewalt hätte viel bewirkt. Die Frauen wissen nun um ihre Rechte und an wen sie sich im Bedarfsfall wenden können. Durch selbst organisierte Aufklärungsveranstaltungen in den Gemeinden konnte viel Leid abgewehrt werden. „Auch wenn Bungoma die Statistik der Vorfälle in ganz Kenia anführt, die Anzahl der Fälle geht zurück.“ bestätigt Jacklyne Wabwoba aus Bungoma.
Die Vorstandschaften aus Siaya, Kakamega und Bungoma mit dem BBV-Landesvorstand.
Eigene Erfahrungen einbringen und vermitteln
Aber auch in Kenia „menschelt“ es. Es gab Kritik am Landesvorstand der WoFaAK – die Kommunikation mit „denen da oben“ laufe nicht besonders gut. Deshalb wollen sie erreichen, dass aus jedem County eine demokratisch gewählte Vertreterin in den Landesvorstand komme, die. Bisher besteht der Landesvorstand aus benannten Vertreterinnen. Wir versprachen den Frauen in Westkenia, die wunden Punkte anzusprechen….
Für die nächsten beiden Tage war eine Sitzung zwischen bayerischem und kenianischem Landesvorstand anberaumt. Es entspann sich ein sehr intensiver Austausch über die Aufgaben und Kompetenzen eines Landesvorstandes, über Legitimation und demokratische Wahlen. Es stand ausreichend Zeit zur Verfügung. Jede konnte sich einbringen. Auch hier spürten wir wieder die große Akzeptanz für unsere Beiträge. Alle wissen, wir sprechen aus jahrzehntelanger Erfahrung und haben viele ähnliche Situationen durchlebt und meistens gut gelöst.
Selbstbewusstsein und Zusammenhalt stärken
Landesbäuerin Christine Singer bedankte sich für die konstruktive und offene Atmosphäre. „Ihr seid richtig starke Frauen und wir wissen, dass die WoFaAK bei Euch in guten Händen ist. Probleme gibt es überall, man muss sie angehen und lösen. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit“.
Über eine zukünftige Zusammenarbeit sprachen wir anschließend mit Jan Pusdrowski, Programm-Manager der Andreas-Hermes-Akademie (AHA) für Äthiopien und Kenia. Die AHA betreut seit 2016 den kenianischen Bauernverband KENAFF. Hierbei gibt es viele Anknüpfungspunkte mit dem kenianischen Landfrauenverband WoFaAK. Wir wollen unseren Beitrag leisten, dass Synergieeffekte erkannt und genutzt werden – unter Beachtung der Eigenständigkeit der Organisationen.
Christine Reitelshöfer meinte abschließend: „Wir sind stolz auf unsere Berufskolleginnen in Kenia und wild entschlossen, weiter zu machen“. Die Aussichten stehen gut – der dritte Projektantrag ist gestellt und steht vor der Genehmigung. Packen wir es an.
Kurze Paus
e auf dem Weg nach Kisumu für ein Foto auf dem Äquator.